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U.S. Securities and Exchange Commission

Speech by SEC Staff:
Haftung deutscher Unternehmen und ihrer Vorstände gemäß des Sarbanes-Oxley Gesetzes von 2002

von

Commissioner Paul S. Atkins

U.S. Securities and Exchange Commission

Vortrag bei dem Deutschen Aktieninstitut
am 4. Februar 2003

Sehr geehrter Herr Professor von Rosen, sehr geehrte Damen und Herren. Ich empfinde es als ein Privileg und eine große Ehre, heute zu Ihnen sprechen zu dürfen. Ich habe auf dem Programm von heute bemerkt, daß der Titel meiner Rede lautet ,,Liabilities of German Companies and the Members of their Executive Boards under the Sarbanes-Oxley Act of 2002." Aber, ich würde lieber sagen: ,,Haftung deutscher Unternehmen und ihrer Vorstände gemäß des Sarbanes-Oxley Gesetzes von 2002." Ich hoffe, dass meine unvermeidlichen Fehler in Ihrer schönen aber schwierigen Muttersprache die Beziehungen zwischen Deutschland und Amerika nicht zu stark beschädigen werden.

Sie haben sicherlich Verständnis dafür haben, dass es sich bei meinem Vortrag um meine persönliche Meinung handelt, und ich natürlich nicht für meine SEC-Kollegen und die gesamte SEC sprechen kann.

Deutschland und die übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind entscheidende Verbündete für die Vereinigten Staaten. Unsere Freundschaft und unser gegenseitiger Respekt sind von größter Bedeutung, dies gilt um so mehr im Blick auf die unsichere und schwierige Zeit, in der wir leben. Auch wenn die Geschehnisse des 11. September 2001 bereits mehr als eine Jahr zurückliegen, sind sich doch die Amerikaner und ihre Verbündeten der andauernden Gefahr bewußt. Die Ereignisse des 11. September haben uns die Verletzlichkeit unseres Daseins, unserer Witschaftsstrukturen, ja unseres ,,way of life" vor Augen geführt. Unvermindert wissen wir in den Vereinigten Staaten die enorme Unterstützung und den Beistand aus Deutschland und den übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu schätzen.

Im zurückliegenden Jahr gab es fraglos eine Reihe spektakulärer Unternehmens-zusammenbrüche, vorwiegend im Energie- und Telekommunikationssektor: Enron, WorldCom, Global Crossing, um einige zu nennen. Allerdings waren es nicht nur Investoren in den Vereinigten Statten, die Erfahrungen mit unternehmerischen Versagen machen mußten, zum Teil ausgelöst durch fragwürdige Buchhaltungsmethoden, schlechtes Management oder mangelnde interne Kontrollen. Erwähnt seien Phillip Holzmann, Babcock-Borsig, Kirch, Polly-Peck, Robert Maxwell, Comroad und MobilCom. Aus diesem Grund ist die Verbesserung der Corporate Governance zur Wiederherstellung des Vertauens der Investoren nicht eine Sache bloß der USA oder der Europäischen Union, sondern der Finanzmärkte weltweit.

Das verstärkte Auftreten unternehmensinternen Probleme fiel zusammen mit der Erkenntnis der Finanzmärkte, daß es zu Überkapazitäten im High-Tech- und Telekommunikationssektor gekommen war. Ich halte es nicht für einen Zufall, dass die Telekommunikations-Blase platzte, kurz nachdem die erheblichen öffentlichen und privaten Investitionen in Computersysteme im Vorlauf der Jahrtausendwende ausliefen. Wir alle wissen, daß Investoren ihr Vertrauen in Equity Securities verloren hatten und deren Kurse weltweit fielen. Investoren parkten enorme Summen und warten nun auf den ,,richtigen" Zeitpunkt. 2002 wird vermutlich das erste Jahr seit 1988 sein, in dem amerikanische Investoren mehr Geld aus Aktienfonds abzogen als investierten.

Schon oft haben Finanzkrisen in der Vergangenheit Reaktionen des Gesetzgebers ausgelöst. Dr. Robert Higgs, ein bekannter Stanford University Professor, schrieb vor einigen Jahren das Buch ,,Crisis and Leviathan". Seine dort dargestellte, wesentliche These lautet, daß Regierungen ihre Steuerungs- und Kontrollmechanismen zur Verteilung von Ressourcen auf Kosten der effizienteren Marktmechanismen ausweiten, wenn sie dem Drängen der Öffentlichkeit, etwas zur Lösung der Krise zu tun, nachkommen. In seinem Buch untersucht Higgs eine Reihe von amerikanischen Krisen, wirtschaftliche wie militärische, und zeigt auf, wie die Marktkräfte in solchen Situationen zurückwichen.

Auch im vergangenen Jahr haben die Einbrüche an den Märkten und das Versagen mancher Unternehmer dazu geführt, daß der Ruf nach einem Eingreifen der Politik laut wurde. Die bevorstehenden Kongreßwahlen im November 2002, deren Ausgang als knapp vorausgesagt wurde, erhöhte den Druck auf den Gesetzgeber, energisch zu Handeln. Da viele der Unternehmens-zusammenbrüche auf einer laxen Buchführung und nachlässiger Corporate Governance beruhten, wurde zum ersten mal seit etwa 70 Jahren ,,unternehmerische Verantwortung" in den USA ein wichtiges politisches Thema. Ende Juli 2002 verabschiedete der Kongreß bei nur drei Gegenstimmen den Sarbanes-Oxley-Act. Noch immer ist ,,unternehmerische Verantwortung" in Amerika ein politisches Thema von wesentlicher Bedeutung. Erst in der vergangenen Woche hob Präsident Bush in seiner Rede zur Lage der Nation unter Bezugnahme auf den Sarbanes-Oxley-Act die durchgreifenden Reformen zur Erhaltung der Integrität der amerikanischen Wirtschaft hervor.

Sarbanes-Oxley verbessert in vielfältiger Weise Corporate Governance. Allerdings ist es auch Ausdruck einer Einmischung der Amerikanischen Bundesregierung in den Bereich der Corporate Governance, wie er früher unvorstellbar gewesen wäre. Traditionell waren es die Bundesstaaten, die über diesen Bereich Gesetzgebungsmacht ausübten. Das neue Gesetz nun führt grundlegende Mechanismen ein, die Vergehen wie in der Vergangenheit und die damit verbundenen Verluste der Investoren verhindern sollen. Viele dieser Mechanismen beinhalten nicht so sehr gesetzliche Auflagen, sondern verlangen vielmehr von den Unternehmen die Offenlegung bestimmter Aspekte um dann die Märkte entscheiden zu lassen, wie sie solche Informationen bewerten.

Es liegt im Verantwortungsbereich der SEC, die meisten der Regelungen des Sarbanes-Oxley-Act umzusetzen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit erwähnen, welche Stellung die SEC innerhalb der Regierung einnimmt. Die SEC ist eine ,,unabhängige" Behörde, was ihr exekutive, legislative und judikative Befugnisse einräumt. Die SEC hat ,,zivile" Vollstreckungsbefugnisse gegen Personen, die gegen das Wertpapierrecht verstoßen, was allerdings strafrechtliche Maßnahmen ausschließt. Die SEC kann außerdem auf der Grundlage gesetzlicher Ermächtigung Verordnungen erlassen. Schließlich ist die SEC eine Art Widerspruchsbehörde, die auf Antrag Widersprüche gegen Sanktionen der Börsen oder der Berufsvereinigungen gegen ihre Mitglieder prüft.

Der Sarbanes-Oxley-Act erlegt der SEC auf, innerhalb bestimmter Fristen eine Vielzahl von Verordnungen zu erlassen. Dabei ist die SEC verpflichtet, durch Veröffentlichung von Entwürfen die Öffentlichkeit zu informieren und ihr die Gelegenheit zu Kommentaren aber auch zu Widerspruch zu geben. Solche Kommentare hat die SEC im Verodnungsgebungsprozeß zu berücksichtigen und zu ihnen Stellung zu nehmen. Die Zeit, die uns der Sarbanes-Oxley-Act zum Erlaß der Verordnungen gab, war extrem kurz. Wir haben uns daher entschieden, die Verordnungen so allgemein wie möglich zu formulieren und uns nah am Gesetzestext zu halten, auch wenn der Kongreß uns in einigen Fällen großes Ermessen eingeräumt hatte. Wir hatten auch gehofft, daß Kommentare und Widersprüche uns helfen würden, die Verordnung praxisnah zu gestalten. Am Ende erhielten wir tatsächlich eine große Zahl von Eingaben, viel davon aus dem Ausland. Ich denke — und hoffe Sie stimmen mir zu — daß die endgültige Fassung unserer Verordnung unsere Empfänglichkeit für Anregungen und Kritik demonstriert.

Der Sarbanes-Oxley-Act und unsere Verordnungen sind — nach all dem Hin und Her der vergangenen Monate — ein richtiger Schritt in Richtung Corporate Governance. Dank der Einbeziehung der Betroffenen ist das Ergebnis dieses Prozesses mehr als nur die politische Reaktion auf eine Krise.

Im Wesentlichen würdigt das Gesetz die Bedeutung des Stockholder Value. Ohne Vertauen der Finanzinvestoren würden sich unser Wirtschaftswachstum und der technische Fortschritt verlangsamen. Der Sarbanes-Oxley-Act stärkt die Rolle der ,,Directors" als Vertreter der Aktionäre und untermauert die Rolle des Managements als Verwalter der Interessen der Aktionäre.

Eine Lehre, die wir aus den unlängst geschehenen Unternehmens-zusammenbrüchen ziehen können, ist die Bedeutung der Unternehmenskultur und was wir ,,tone from the top" nennen. Die Toleranz oder Intoleranz eines CEO gegenüber ethischen Verfehlungen und seine Unternehmensphilosophie prägen das Unternehmen entscheidend. Die Aufgabe der ,,Directors" ist es, diese Faktoren im Interesse der Aktionäre zu überwachen. ,,Directors" sind keine Vollzeitbeschäftigte eines Unternehmens und dürfen dies auch nie werden. Es wird immer eine Spannung geben zwischen der Rolle der ,,Directors" als Unternehmensberater — einer wichtigen Aufgabe — und ihrer Aufgabe als Kontrolleure des Managements im Interesse der Unternehmenseigner.

Ich hoffe, daß der Sarbanes-Oxley-Act die ,,Directors" in dieser Hinsicht unterstützt. Ein Effekt des Gesetzes wird sein, daß ,,Directors" in Zukunft hartnäckiger nachfragen. So werden Fragen, die vor zwei Jahren noch als ,,feindlicher Akt" gegenüber dem Management angesehen worden wären, in Zukunft einen Teil der Aufgaben der ,,Directors" darstellen. Bedenkt man, daß einige der jüngsten Probleme durch Manager verursacht wurden, die ihr Unternehmen als ,,Piggy Bank" betrachteten oder sogar Unternehmens-vermögen stahlen, ist es sicher ein Schritt in die richtige Richtung, daß das Gesetz einen Schwerpunkt auf die Überwachungsfunktion des ,,Boards" setzt.

Während wir uns dieser positiven Auswirkungen bewußt sind und uns auf den Schutz der Investoren konzentrieren, müssen wir natürlich auch die speziellen Interessen und Bedürfnisse der nicht in den USA ansässigen börsennotierten Gesellschaften im Auge behalten. Schon seit langer Zeit suchen US-Investoren nach Möglichkeiten, in Aktien ausländischer Unternehmen zu investieren, deutsche Emittenten eingeschlossen. Die SEC ist sich der Bedeutung der Globalisierung der Kapitalmärkte sowohl für Investoren auf der Suche nach einer möglichst großen Diversifizierung als auch für international ausgerichtete Unternehmen auf der Suche nach Kapital in verschiedenen, manchmal größeren Märkten, bewußt. Hinzu kommt, daß ausländische Unternehmen durch den Zugang zum amerikanischen Kapitalmarkt ,,Akquisitions-Währung" für Akquisitionen in den USA erhalten.

Heute reichen mehr als 1,300 ausländische Unternehmen aus 59 Ländern bei der SEC ihre Berichte ein, verglichen mit etwa 900 aus 30 Ländern im Jahr 1990. Die meisten dieser Unternehmen haben ihren Sitz in Kanada. Die zweitgrößte Gruppe bilden Unternehmen aus Großbritannien. Zur Zeit berichten etwa 30 deutsche Unternehmen an die SEC, die größten unter ihnen sind DaimlerChrysler, E.ON, Deutsche Bank und SAP. Im Rahmen unserer Bemühungen, einen globalen Marktplatz zu schaffen, möchten wir mehr deutsche Unternehmen ermutigen, sich dem US-Kapitalmarkt zu öffnen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir Ihre Ratschläge und Anmerkungen wie die Rahmenbedingungen hierfür verbessert werden können.

Wie Sie wissen, unterscheidet der Sarbanes-Oxley-Act grundsätzlich nicht zwischen inländischen und ausländischen Unternehmen. Es enthält keine Regelung, durch die ausländische Gesellschaften vom Anwendungsbereich des Gesetzes befreit würden. Das Gesetz läßt es im Ermessen der SEC, in welchen Fällen und in welchem Umfang der Sarbanes-Oxley-Act auf ausländische Unternehmen Anwendung findet. Die SEC ist sich durchaus bewußt, daß es zu Konflikten zwischen den neuen Erfordernissen des Sarbanes-Oxley-Act und den für ausländische Gesellschaften geltenden nationalen Regelungen kommen kann. Deshalb haben wir bei der Umsetzung des Sarbanes-Oxley-Act versucht, ein Gleichgewicht zwischen unserem durch den Gesetzgeber erteilten Auftrag und den Bedürfnissen ausländischer Emittenten zu finden und werden dies auch in Zukunft tun.

Europäer und Amerikaner haben hinsichtlich einer Stärkung der Corporate Governance grundsätzlich die gleichen Ziele. Ungeachtet der allgemeinen Stoßrichtung des Sarbanes-Oxley-Act ist es nach amerikanischem Grundverständnis Aufgabe der Bundesstaaten und der Börsen die Corporate-Governance-Erfordernisse festzulegen. Dem entsprechend hat eine durch die Europäische Kommission eingesetzte Arbeitsgruppe gerade nicht empfohlen, die Corporate-Governance-Standards zu harmonisieren. Statt dessen kam die Arbeitsgruppe zu dem Ergebnis, daß jeder Mitgliedsstaat seine eigenen Mindesterfordernisse festlegen sollte. Der naheliegende Grund für diesen Ansatz ist, daß die Corporate-Governance-Standards in den Mitgliedsstaaten notwendigerweise verschieden sind und deshalb Flexibilität von großer Wichtigkeit ist.

Die SEC ist daran interessiert, die Gemeinsamkeiten zwischen dem Amerikanischen und dem Europäischen Zugang zu diesen Themen zu finden. Seit der Verabschiedung des Sarbanes-Oxley-Act hat die SEC zwei interaktive ,,Roundtables" veranstaltet, bei denen es um die Anwendung des Gesetzes auf ausländische Gesellschaften ging. Außerdem haben wir uns mit Delegationen aus dem Ausland und den Europäischen Aufsichtsbehörden getroffen. Ich kann mit Gewißheit sagen, daß der Abstimmungsprozeß funktioniert und daß Ihre aktive Beteiligung in unserem Gesetzgebungs- und Umsetzungsprozeß der SEC hilft, die speziellen Bedürfnisse ausländischer Gesellschaften zu verstehen. Die Tatsache, daß wir unterschiedliche Ansätze verfolgen mögen, bedeutet nicht, daß wir nicht effektiv zusammen arbeiten können.

Eine ausländische Gesellschaft, die vor dem Sarbanes-Oxley-Act ein Listing in den USA erwogen hat, sollte sich hiervon weder durch das Gesetz noch die durch uns erlassenen Verordnungen abbringen lassen. Ohne Frage wird es neue Verordnungen und Rufe nach Offenlegung geben. Es wird ein primäres Ziel der SEC sein, diesen Prozeß so zu gestalten, daß sich internationale Unternehmen eingeladen fühlen, ihre Aktien in den USA anzubieten und zu notieren. Der Sarbanes-Oxley-Act wird an diesem Ziel nichts ändern.

Lassen Sie mich in aller Kürze einige der Fragen und Probleme behandeln, die der Sarbanes-Oxley-Act aufwirft. Ich möchte außerdem auf die Verordnungen, die wir kürzlich erlassen beziehungsweise vorgeschlagen haben und ihre Auswirkungen auf ausländische Gesellschaften eingehen:

Oversight Board:

Der Sarbanes-Oxley-Act verpflichtete uns, ein neues ,,Public Company Accounting Oversight Board" ins Leben zu rufen, dessen Aufgabe die Überwachung des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer und die Kontrolle der Prüfungen börsennotierter Unternehmen ist. Die Schaffung einer solchen Institution war notwendig geworden, nachdem die Zunft der Amerikanischen Wirtschaftsprüfer erhebliche Schwächen hinsichtlich ihrer Fähigkeit gezeigt hatte, sich selbst zu regulieren. Das Oversight Board ist eine regierungsunabhängige, nonprofit Institution, die sich aus fünf unabhängigen, hauptamtlichen Mitgliedern zusammensetzt.

Das Gesetz verlangt von ausländischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Gesellschaften prüfen, die sich bei der SEC registrieren lassen haben, sich auch beim Oversight Board zu registrieren und sich dessen Kontrolle zu unterwerfen, und zwar auch dann, wenn es um die Prüfung ausländischer Gesellschaften geht. Dies stößt bei Ihnen verständlicherweise auf Bedenken. Am Ende wird es darauf ankommen, einen Ausgleich zwischen den Zielen des Sarbanes-Oxley-Act und unserer Rolle als einer von vielen Aufsichtsbehörden in der weltweiten Gemeinschaft zu finden.

Audit Committees

Einer der wesentlichen Aspekte des Sarbanes-Oxley-Act ist es, die Rolle und Verantwortlichkeit des Prüfungsausschusses (Audit Committee) zu erweitern. Unter dem Gesetz ist der Prüfungsausschuß für die Beziehung des Unternehmens zu seinen externen Prüfern verantwortlich. Dies schließt die Verantwortung für die Berufung, Festlegung der Vergütung und Überwachung der externen Prüfer ein. Das Gesetz verlangt weiter, daß die Mitglieder des Prüfungsausschusses ,,unabhängig" von der Unternehmensleitung sind. Im vergangenen Monat hat die SEC den Entwurf entsprechender Regeln veröffentlicht, der Sarbanes-Oxley-Act fordert den Erlaß abschließender Bestimmungen bis Ende April diesen Jahres.

Viele Unternehmen außerhalb der USA haben bereits einen solchen unabhängigen Prüfungsausschuß als Teil ihrer Corporate Governance installiert und auch der globale Trend scheint in diese Richtung zu gehen. Ich habe immer wieder betont, daß es in der Regel keine one-size-fits-all Lösung gibt, was insbesondere im Zusammenhang mit ausländischen Gesellschaften gilt. Allerdings scheint es zunehmend unstreitig zu sein, daß die Notwendigkeit für eine Überwachung des Managements durch ein Board ohne Eigeninteressen besteht. So schlägt auch der Deutsche Corporate Governance Code vor, den Aufsichtsrat mehr Unabhängigkeit gegenüber dem Management zu geben. In Großbritannien betonen die Empfehlungen von Derek Higgs — aufbauend auf der vorausgegangenen Arbeit der Cadbury Kommission — den Nutzen unabhängiger Direktoren.

Ausländische Gesellschaften haben der SEC entscheidende Hinweise und Informationen zum Thema Corporate Governance zukommen lassen. Im Laufe des Anhörungsprozesses haben wir die Regelungen so geändert, daß auf das Deutsche Erfordernis von Mitarbeitervertretern im Aufsichtsrat und seinen Ausschüssen Rücksicht genommen werden kann. Grundsätzlich hätten solche Mitarbeitervertreter nicht die durch uns aufgestellten Kriterien für ,,Unabhängigkeit" erfüllt. Die SEC möchte gar keine Konflikten mit anderen nationalen Gesetzen machen, dies gilt um so mehr im vorliegenden Fall, wo die Mitarbeitervertreter andere Interessen als die des Managements vertreten. Entsprechend sehen unsere Regelungen nun vor, dass unter Bestimmten Voraussetzungen Board Mitglieder vom Erfordernis der ,,Unabhängigkeit" im Sinne der Vorschrift ausgenommen werden können.

Wo die bestimmten Erfordernisse anderer Länder dies notwendig machen, finden sich ähnliche Ausnahmen. So haben wir beispielsweise dafür gesorgt, daß beherrschende Gesellschafter im Audit Committee vertreten sein können. Außerdem erlauben wir Regierungsvertretern im Prüfungsausschuß zu sitzen, und zwar auch dann, wenn sie das durch die SEC aufgestellte Kriterium der ,,Unabhängigkeit" nicht erfüllen.

Die SEC ist ein Amt, das auf Offenlegung basiert, nicht bloß eine Regulierungsbehörde. Das Marktgeschehen wird durch Information bestimmt, was aus meiner Sicht die einzige Basis für eine staatliche Regulierung ist. In Einklang mit unserer Tradition der Offenlegung haben wir vorgeschlagen, daß ausländische Gesellschaften offenlegen müssen, falls sie vom Erfordernis der ,,Unabhängigkeit" der Mitglieder der Prüfungsausschusses abweichen. Der Markt als denkbar effizientester Regulierer wird dann entscheiden, ob die für das ausländische Unternehmen zugelassenen Abweichungen für US-Investoren relevant sind.

Financial Experts

Unter dem Sarbanes-Oxley-Act muß die SEC eine Verordnung erlassen, wonach Unternehmen offenlegen müssen ob ,,Financial Experts" Teil ihres Audit Committees bilden. Gleichzeitig sollen wir den Begriff des ,,Financial Expert" definieren. Erst kürzlich haben wir entsprechende Vorschriften erlassen. Ich denke, es steht außer Zweifel, daß es vorteilhaft ist, über finanzkundige Direktoren zu verfügen. Untersuchungen belegen, daß Unternehmen, die über Direktoren mit erheblichem Finanz-know-how verfügen, ihre Abschlüsse seltener korrigieren müssen als solche mit weniger erfahrenen Direktoren.

Nach der endgültige Regelung müssen alle Unternehmen, auch ausländische, offenlegen, ob Board-Mitglieder über Finanz-know-how verfügen und ob solche Finanzexperten unabhängig von der Unternehmensführung sind. Allerdings müssen ausländische Gesellschaften dies erst dann offenlegen, wenn die bereits angesprochenen Regelungen über ,,Audit Committees" abschließend erlassen worden sind. Zu dieser Verzögerung des Offenlegungserfordernisses kam es, nachdem wir festgestellt hatten, daß ausländische Gesellschaften bislang zu solcher Offenlegung hinsichtlich ihrer Prüfungsausschüsse nicht verpflichtet waren. Wir haben eingesehen, daß es unfair wäre, unter diesen Umständen in so kurzer Zeit eine entsprechende Offenlegungspflicht für ausländische Gesellschaften einzuführen. Wir gehen davon aus, daß ausländische Emittenten zum Zeitpunkt der in Kraft Setzung der Audit Committee Regelung mit der Offenlegungspflicht besser umgehen können werden.

Anwälte

Der Sarbanes-Oxley-Act verlangt von der SEC ,,Minimum Standards für die Verhaltensregeln" von Anwälten zu erlassen. Uns ist bewußt, daß wir uns mit solchen Regelungen in unbekanntem Terrain bewegen. Sie werden als erster wesentlicher Versuch des Kongresses angesehen, die Anwaltschaft auf Bundesebene zu regulieren. Dadurch waren auch Anwälte anderer Jurisdiktionen eingeschlossen, unabhängig davon, ob sie auch in den USA zugelassen sind oder nicht. Damit verbunden waren Fragen der Gerichtsbarkeit und der Durchsetzbarkeit.

Im Zusammenhang mit der unter dem Sarbanes-Oxley-Act erlassenen Anwalts-Verordnung haben wir einen neuen Vorschlag hinsichtlich des sogenannten ,,reporting-out" oder ,,noisy Withdrawal" gemacht. Unser Vorschlag, daß Anwälte gegenüber der SEC Verstöße gegen das Wertpapierrecht melden müssen, war zuvor vielfach kommentiert worden. Es hat uns nicht überrascht, daß dieser Vorschlag auf erheblichen Widerstand gestoßen ist. Die neue Regelung sieht vor, daß nun das Unternehmen offenlegen muß, wenn ein Anwalt sein Mandat niederlegt, da er die Reaktion des Unternehmens auf einen Verstoß gegen das Wertpapierrecht für nicht ausreichend hält. Zur Zeit warten wir auf Kommentare zu diesem Vorschlag, der vom Anwalt nicht verlangt, anderen als seinem Mandanten gegenüber Informationen offenzulegen. Dieser Vorschlag würde auch ausländische Unternehmen betreffen. Verlangt würde eine unverzügliche Unterrichtung der SEC, nämlich zwei Werktage ab Erhalt der Mitteilung des Anwalts.

Die Aufdeckung von Mißmanagement, Gesetzesübertretungen und Inkompetenz in Unternehmen haben die Weltfinanzmärkte tief erschüttert. Auch wenn wir uns dieser Auswirkungen angenommen haben, müssen wir uns bewußt sein, daß Moral und Ethik nicht durch Gesetze hergestellt werden können. Die — häufig paternalistische — staatliche Kontrolle kann nicht ausreichen, wenn der Einzelne und das einzelne Unternehmen nicht in Form einer effektiven ,,Compliance" für eine entsprechende Unternehmensethik sorgen. Die Kultur eines Unternehmens und interne Kontrollen sind die Grundlage dafür, daß sich die Mitarbeiter in ihrem natürlichen Wunsch, das Richtige zu tun, bestärkt fühlen.

Dies ist eine Lernphase für Investoren. In einer Zeit, in der wir versuchen aus dem Tal zu kommen, möchte ich den früheren Vorsitzenden der SEC, William O. Douglas, mit einer in 1938 Bemerkung zitieren:

,, Im Großen und Ganzen erreicht die Regierung zufriedenstellende Ergebnisse nur durch Verbote. Das läßt weite Bereiche menschlichen Verhaltens und Aktivitäten unberührt, zwar mag manches hiervon empfänglich für staatliche Regulierung sein, doch ist es oft zu marginal für eine zufriedenstellende Kontrolle. Manches liegt außerhalb der Reichweite des Rechts im Bereich von Ethik und Moral. In diese Bereiche kann ausschließlich die Selbstregulierung wirksam hinein reichen."

Diese weisen Worte, die kurz nach dem größten Börsenkrach geäußert wurden, zeigen die bevorstehenden schwierigen Aufgaben. Ich denke, wir haben im vergangen Jahr wesentliche Maßnahmen eingeleitet, um das Vertrauen der Welt in die Amerikanischen Finanzmärkte wieder herzustellen. Wir arbeiten hart daran, das Vertrauen der Öffentlichkeit noch wachsamer und gewissenhafter zu schützen. Der gemeinsame Geist unserer Nationen, der uns in der Vergangenheit so hervorragend gedient hat, muß auch die Basis für unseren Versuch sein, unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen. In einer Zeit, in der wir versuchen, unsere Finanzmärkte weiter zu verbessern und zu öffnen, möchte ich heute die Tradition der SEC, um Rat und Unterstützung nachzusuchen, fortsetzen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 

http://www.sec.gov/news/speech/spch020403psa.htm


Modified: 02/24/2003